Thessaloniki – heimliche Hauptstadt des Nordens
Thessaloniki (griechisch Θεσσαλονίκη [θɛsalɔˈnikʲi], auch kurz Saloniki Σαλονίκη, türk. Selanik, Ladino Salonika oder Selanik, bulg./maz. Солун Solun; im biblischen Zusammenhang verwendeter deutscher Name Thessalonich) ist mit 363.987 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Griechenlands, Hauptstadt der Verwaltungsregion Zentralmakedonien und wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der gesamten griechischen Region Makedonien. Die Einwohnerzahl des engeren Ballungsraumes Thessaloniki unter Einschluss der unmittelbar angrenzenden Städte und Gemeinden beträgt 800.764 Einwohner; der erweiterte Ballungsraum hat 947.931 Einwohner.
Die Stadt liegt an den nordwestlichen Ausläufern des 1.201 m hohen Chortiatis und grenzt an den Thermaischen Golf. Sie ist eine bedeutende moderne Universitäts-, Messe-, Kultur-, Industrie- und Hafenstadt im Schnittpunkt wichtiger jahrtausendealter nord-südlicher und west-östlicher (Via Egnatia) Verkehrswege. Als Schutzpatron der Stadt gilt der Heilige Dimitrios, dem auch eine große frühchristliche Basilika geweiht ist (s. weiter unten, „Sehenswürdigkeiten“). Das Wahrzeichen Thessalonikis ist der von Sinan gebaute Lefkós Pýrgos (Λευκός Πύργος, zu deutsch „weißer Turm“).
Die frühchristlichen und byzantinischen Kirchen der bereits in der Bibel erwähnten Stadt wurden 1988 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. 1997 war Thessaloniki Europäische Kulturhauptstadt.
Klima
Thessaloniki liegt im Bereich des mediterranen Klimas. Durch die nahe Landverbindung zum Balkan sind allerdings die Temperaturen ein paar Grad niedriger als im südlichen Griechenland (im Mittel 1,6 Grad kühler als Athen).
Sehenswürdigkeiten
Das Wahrzeichen der Stadt ist der Weiße Turm, der aus der venezianischen oder der frühen osmanischen Zeit stammt und wahrscheinlich von venezianischen Baumeistern errichtet wurde; durch die Jahrhunderte diente er den wechselnden Herren als Waffenlager, Gefängnis für zum Tode Verurteilte und unter deutscher Besatzung im Zweiten Weltkrieg als Nahrungsmittellager (vornehmlich für die Wehrmacht). In Zeiten der griechischen Souveränität zuvor und danach war er zeitweise Stützpunkt der Luftabwehr, universitäre Wetterstation und, bis 1983, Marineschule . Inzwischen wird er als Museum genutzt.
Bauwerke der römischen Zeit
- Reste des Kaiserpalastes mit einem Oktogon
- Galeriusbogen (Kamara) mit Reliefdarstellungen von Szenen aus den Kämpfen des Galerius gegen die Perser 296/297
- Rotunda, erbaut im 4. Jh. als Mausoleum des Galerius, danach orthodoxe Kirche (Hagios Georgios) und später Moschee (Reste eines Minaretts), heute Museum. Kuppelinnendurchmesser 24,15 m: bei Erbauung weltgrößte Ziegelkuppel
- Forum (145 m × 90 m) mit unterirdischer Stoa unter der Südstoa und mit einem Odeion (Theater)
Frühchristliche und byzantinische Bauten
Zahlreiche bedeutende frühchristliche und byzantinische Kirchen (1988 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen) mit teilweise hervorragenden Mosaiken und Malereien (z. B. Hosios David, frühchristliches Mosaik mit der Darstellung eines bartlosen Christus aus dem 5. oder Anfang des 6. Jahrhunderts) befinden sich in Thessaloniki.
- Kirche des Heiligen Demetrios (Agios Dimitrios, Stadtheiliger), fünfschiffige Basilika, Mosaiken aus dem 7. und 9. Jahrhundert
- Kirche Johannes des Täufers (Agios Ioannis), frühchristliche Kirche mit gut erhaltenen Katakomben
- Kirche der Heiligen Sofia (Hagia Sofia), dreischiffige Basilika, Mosaiken aus dem 8. und 9. Jahrhundert
- Kirche der Panagia Acheiropoietos, dreischiffige Basilika
- Kirche Hosios David (Latomos-Kloster), Vorläufertypus der Kreuzkuppelkirche, Mosaiken und Malereien vom Ende des 5. bis ins 14. Jahrhundert
- Kirche der Panagia Chalkeon (Kokkini Ekklisia), kreuzförmige Viersäulenkirche (Vorbild für viele andere Kreuzkuppelkirchen), Darstellungen bis ins 14. Jahrhundert
- Kirche des Heiligen Panteleimon, Kreuzkuppelkirche, Wandmalereien Ende 13. und Anfang 14. Jahrhundert
- Kirche der Heiligen Apostel (Hagia Apostoloi), kreuzförmige Viersäulenkirche mit fünf Kuppeln
- Kirche des Heiligen Nikolaus des Waisen (Hagios Nikolaos Orfanos)
- Kirche der Heiligen Katherina (Hagia Ekaterini)
- Erlöserkirche
- Vlatadon-Kloster (das einzige noch überlebende Kloster von ursprünglich etwa 20 Klöstern der Stadt)
- Kirche des Propheten Elias
- Umfangreiche und teilweise gut erhaltene Befestigungsanlagen mit zahlreichen Türmen (ursprünglich über 8 km, heute noch etwa 4 km) mit Akropolis und der byzantinisch-osmanischen Zitadelle Heptapýrgion (griechisch Επταπύργιον, etwa „Siebengetürm“)
Bauwerke osmanischer Zeit
- Besesteni (ein überdachter Markt mit sechs Kuppeln, er beherbergte hauptsächlich Tuchhändler und Goldschmiede)
- türkische Bäder (Hamam), Giachounti-Hamam, Bey Hamam, Pascha Hamam (Phönix Hamam)
- die Moscheen Hamsa-Bey-Tsami, Alatsa-Imaret-Tsami und Yeni-Tsami (von 1902)
- der Weiße Turm, Lefkós Pýrgos (Λευκός Πύργος)
- das Geburtshaus Atatürks
Moderne
- OTE-Fernsehturm
Museen allgemein
Die Stadt beherbergt eine große Zahl von Museen:
- Museum der Stadt im Weißen Turm (Lefkós Pýrgos)
- Archäologisches Museum
- Museum der byzantinischen Kultur
- Noesis (Wissenschaftszentrum und Technisches Museum)
- Jüdisches Museum Thessaloniki
- Kinomuseum
- Sportmuseum
- Photographiemuseum
- Volkskundliches und Ethnologie-Museum
- Museum des Makedonischen Kampfes
- Kriegsmuseum
- Museum der Musikinstrumente
- Atatürk-Museum
- Design Museum (vorläufig – seit 1997 – ohne Gebäude, als Wanderausstellung in den Kunstmuseen)
- Wasserwerkemuseum
- Eisenbahnmuseum Thessaloniki
- Nationales Kartographisches Museum
- Kirchlich-Bischöfliches Museum
- Pfadfindermuseum
- Radio Museum
Kunstmuseen
In Thessaloniki gibt es drei bedeutende Museen für moderne Kunst:
- Das Staatliche Museum zeitgenössischer Kunst oder SMCA im ehemaligen katholischen Lazaristen-Kloster beherbergt die George Costakis Collection, die bedeutendste Sammlung der russischen Avantgarde. Sie wurde 1997 vom griechischen Staat anlässlich der Veranstaltungen zur europäischen Kulturhauptstadt erworben. Weiterhin sind auch Werke international bekannter griechischer Künstler zu sehen, wie z. B. eine Skulptur von Joannis Avramidis. Am Hafen besteht eine Dependance („Warenhaus B2“). 2004–2005 war die Ausstellung „Licht und Farbe der russischen Avantgarde“ im Martin-Gropius-Bau (Berlin) und im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig (Wien) zu sehen, die aus Werken des SMCA zusammengestellt wurde.
- Die Städtische Pinakothek ist in einem Jugendstilgebäude untergebracht. Von einer Ikonensammlung abgesehen liegen die Sammlungsschwerpunkte ähnlich wie die des SMCA in der modernen Kunst. Hier finden sich u. a. Werke von Salvador Dalí, Roy Lichtenstein, Lucebert und fast aller national bekannten Künstler.
- Das Makedonische Museum zeitgenössische Kunst mit 2000 Werken u. a. von Joseph Beuys, Andy Warhol und Niki de Saint Phalle.
- Teloglion-Kunststiftung mit regelmäßigen Ausstellungen.
- Artforum Culture Foundation im Artforum-VILKA-Zentrum. Ausstellungen griechischer und internationaler Künstler. Jahresausstellungen der Meisterschüler der Aristoteles-Universität.
Bildungseinrichtungen
Thessaloniki verfügt über mehrere Hochschulen: die Aristoteles-Universität Thessaloniki, die Universität Makedonien, die International Hellenic University sowie ein Technisches Ausbildungsinstitut Thessaloniki. Daneben existieren Forschungseinrichtungen, wie das Institut für Balkanstudien, sowie das französische (Institut Francais), italienische (Istituto Italiano ) und deutsche Kulturinstitut (Goethe Institut).
Tourismus
Obwohl die Stadt viele interessante Sehenswürdigkeiten vorzuweisen hat und urban geprägt ist, wird sie oft nur als Durchreisestation zu den Touristengebieten auf der Halbinsel Chalkidiki (zu der auch die eigenständige Mönchsrepublik Athos gehört) genutzt.
In Ladadika (ehem. Viertel der Olivenölhändler) findet man ein lebendiges Viertel mit vielen traditionellen und auch preiswerten Tavernen und Ouzerien.
Söhne und Töchter der Stadt
- die „Slawenapostel“ Kyrill und Method
- Maurice Abravanel, US-amerikanischer Dirigent
- Antonis Anissegos, Komponist und Pianist
- Mustafa Kemal Atatürk, Gründer der modernen Türkei und ihr erster Staatspräsident
- Nikolaos Chatzivrettas, griechischer Basketballspieler
- Traianos Dellas, griechischer Fußballspieler
- Constantin Floros, griechisch-deutscher Musikwissenschaftler
- Kyriakos Gouventas, Violinist
- Nâzım Hikmet, türkischer Dichter und Dramatiker
- Hermes Hodolides, griechischer Schauspieler
- Georg Maniakes, General im Byzantinischen Reich
- Marinella, Sängerin
- Estrongo Nachama, Oberkantor der Jüdischen Gemeinde Berlin
- Nick Nikitakis, Jazzgitarrist und Bouzoukispieler
- Dimitrios Salpingidis, griechischer Fußballspieler
- David Saltiel, Rabbiner der jüdischen Gemeinde von Thessaloniki und Sänger sephardischer Musik
- Christos Sartzetakis, griechischer Staatspräsident von 1985 bis 1990
- Mihalis Siganidis, griechischer Jazzbassist
- Cahit Arf, türkischer Mathematiker
Quelle: Wikipedia